Bei der Vergärung von Traubensaft entsteht aus Zucker zu ungefähr gleichen Teilen Alkohol und CO2, also Kohlensäure. Beim "normalen" Stillwein entweicht das Gas aus dem Tank und in die Flasche kommt ein Wein mit gar keiner oder nur wenig Kohlensäure (in letzterem Fall spricht man von einem "moussierenden" Wein). Bei der traditionellen Flaschengärung, wie sie beim französischen Champagner (deswegen auch Méthode champenoise), dem spanischen Cava, dem italienischen Franciacorta und den Winzersekten aus Deutschland und Österreich angewandt wird, wird ein Grundwein mit etwas Hefe in die Flasche gefüllt und mit einem Kronkorken verschlossen. Die Hefe sorgt dafür, dass der Wein weiter gärt, also, wir erinnern uns, Zucker in Alkohol und Kohlensäure umgewandelt wird. Da die Flasche verschlossen ist, verbleibt die Kohlensäure im Getränk. Die Hefe setzt sich mit der Zeit ab und wird mittels einer langwierigen Rütteltechnik (inzwischen übernehmen das meist Maschinen) vorsichtig in den Flaschenhals befördert. In den meisten Fällen wird am Ende der Gärung der Flaschenhals schockgefrostet. Die Hefe schießt dann mitsamt dem Kronkorken aus der Flasche, dabei geht auch eine kleine Menge des Sektes verloren. Diese wird nun mit der Dosage aufgefüllt, die meist eine Lösung aus Wein und Zucker, manchmal auch mit einem Anteil Weinbrand, ist. Der Zuckergehalt und die Menge der Dosage bestimmen den Süßegrad des Sektes. Dieser wird in folgenden Kategorien angegeben: Brut Nature / Zero Dosage: Ohne Zugabe einer gezuckerten Dosage, unter 3g Restzucker pro Liter, Extra Brut: unter 6g/L, Brut: <15g/L, Extra Dry / Extra Trocken: 12-20g/L, Sec / Trocken: 17-35g/L, Demi-Sec / Halbtrocken: 33-50g/L und Doux / Süß: über 50g Restzucker pro Liter.
Eine längere Zeit auf der Hefe begünstigt die Ausbildung komplexer Aromen und einer cremigen Textur und steht oft für hohe Qualität. Auch die Qualität und Ausbauweise des Grundweins hat einen großen Einfluss auf die spätere Qualität des Schaumweins. Lagerte er zum Beispiel im Barrique können Holz- und Vanillenoten hervortreten, hat der Wein einen BSA (Biologischer Säureabbau) durchgemacht, ist er meist weniger säurebetont und frisch und dafür cremiger, weicher und manchmal etwas buttrig.
Nun wird bei weitem nicht jeder Schaumwein mit dieser arbeits- und zeitintensiven Technik hergestellt. Einfachen, sogenannten "Schaumweinen mit zugesetzter Kohlensäure", wird das Gas einfach maschinell zugeführt. Unter dem Begriff "Sekt" darf jeder Schaumwein gehandelt werden, der eine zweite Gärung durchgemacht hat. Diese muss aber nicht auf der Flasche, sondern kann auch im Tank stattgefunden haben. Wer also ein Produkt der höchsten Qualität möchte, sollte sich nach den oben genannten Schaumweinen mit traditioneller Flaschengärung umsehen.
Eine weitere Kategorie bildet der Perlwein, der weniger Kohlensäure als Schaumwein enthält. In Zahlen: Der Druck einer Flasche Schaumwein muss mindestens 3 bar betragen, bei Perlwein reichen 1 bis 2,5 bar. Unter diese Kategorie fallen zum Beispiel Prosecco Frizzante und die von deutschen Winzern gerne angebotenen, sommerlich-leichten Seccos. In den meisten Fällen wird hier die Kohlensäure zugesetzt.
Der spanische Cava stammt ursprünglich aus dem katalanischen Penedès, darf jedoch inzwischen in ausgewählten Gemeinden in ganz Spanien produziert werden. Dieser Umstand ist wohl vor allem politischen Ursachen zuzuschreiben, jedenfalls stammen die bekanntesten und überhaupt mit Abstand die meisten Cavas immer noch aus dem Penedès. Er besteht in erster Linie aus den Rebsorten Xarel·lo, Macabeo und Parellada. Erstere verleiht den Cava seinen Körper, seine alkoholische Substanz und seine frische Säure, Macabeo sorgt für fruchtige Aromen und Parellada für Finesse und Eleganz. Weitere zugelassene Rebsorten sind Chardonnay und Pinot Noir, die auch beim Champagner eine Rolle spielen, die fruchtig-alkoholische Garnacha, der würzige Monastrell und der katalanische Trepat. Der Cava ist die preisgünstige Alternative zum etwas feineren, aber meist auch säurebetonteren Champagner. Die Perlage des Cavas ist oft etwas intensiver und gröber, außerdem zeichnet er sich durch eine mineralisch-salzige und hefebetonte Aromatik aus. Die allermeisten Cavas sind Brut (unter 15 g Zucker pro Liter), Extra Brut (<6 g/L) oder gar Brut Nature (ohne Dosage, <3 g/L). Sehr bekannt sind die Häuser Freixenet und Codorníu. Diese liefern größtenteils einfach zu trinkende Cavas für den breiten Markt. Wer tiefer in die Materie einsteigen möchte, sollte sich bei kleineren Produzenten umsehen.
Der Champagner ist der Inbegriff des luxuriösen Schaumweins. Dementsprechend hoch sind hier die Preise. Auch oder vor allem in der Champagne gibt es sehr bekannte Marken, die analog zu Handtaschenproduzenten exorbitante Preise für das Prestige des Namens verlangen. Diese produzieren nicht unbedingt schlechte Qualitäten, interessanter sind aber meist die kleineren Häuser, die ihre Schaumweine mit einer persönlichen Note versehen und deren Ziel es nicht ist, jedes Jahr ein gleichbleibendes Produkt zu vermarkten. Die Preise für einen anständigen Champagner beginnen bei ca. 30 €. Die häufigsten Rebsorten sind Chardonnay, der dem Champagner fruchtige Aromen verleiht, Pinot Meunier, der für Würze sorgt, und Pinot Noir, der dem Schaumwein neben Beerenfruchtaromen seine Finesse mitgibt. Seine außergewöhnliche Aromatik und Feinheit erhält der Wein aus der Champagne jedoch nicht nur durch die verwendeten Burgundertrauben. Das relativ kühle Klima des nördlichsten Anbaugebiets Frankreichs und vor allem die Kalkböden der Region (Burgunder lieben Kalk!) sind entscheidend für den Weltruf und die geradlinige und gleichzeitig vielschichtige Art des Champagners. Er zeichnet sich meist durch eine durchaus ausgeprägte, klare Säure und eine feine Perlage aus. In guten Jahren werden Jahrgangschampagner produziert, doch auch die gängigeren Jahrgangscuvées sind nicht zu verachten. Kenner interessieren sich oft für Details, wie die Lagen, auf denen die Trauben wachsen (hier gibt es, wie bei deutschen Weinen besonders hochwertige Exemplare aus nur einer einzelnen Lage, oder aber Lagen-Cuvées), die Rebsortenzusammensetzung und die Ausbauweise, also ob der Grundwein beispielsweise im Holzfass lagerte. Aus der Champagne haben zwei Begriffe ihren Weg in die Weinwelt gefunden: Blanc de Noir beschreibt einen Weißwein aus roten Trauben, im Falle des Champagners einen weißen Schaumwein aus Pinot Noir oder Pinot Meunier. Blanc de Blancs beschreibt im Gegensatz dazu einen Champagner, der nur aus der weißen Chardonnay-Traube gekeltert wurde. Der Begriff wird heute auch gerne für Weißweinvcuvées aus weißen Rebsorten verwendet.
Franciacorta ist die italienische Antwort auf den Champagner: Wie sein französisches Vorbild wird der Schaumwein aus der norditalienischen Lombardei mittel traditioneller Flaschengärung aus Burgunderrebsorten produziert, namentlich Chardonnay, Pinot Nero und Pinot Bianco. Letztere schätzt eigentlich kühlere Temperaturen und läuft eher im deutschen Klima (wo sie als Weißburgunder bekannt ist) zu Topform auf. Die Weine der Gegend südlich des Lago D'Iseo fristeten lange Zeit ein tristes Dasein in Vergessenheit. Erst in den 60er Jahren kamen findige Winzer auf die Idee, das milde Klima und die Böden der Alpenausläufer für Schaumweine der Champagne-Stilistik zu nutzen. Heute erzielen Franciacorta-Spumanti ähnlich hohe Preise und sind meist ab 20 bis 30 Euro zu haben. Jahrgangsweine werden als Millesimato, hochwertige Schaumweine mit längerer Lagerzeit auf der Hefe als Riserva vermarktet. Eine Besonderheit stellt der Franciacorta Satèn (Seide) dar, eine besonders weiche, cremige Variante mit etwas weniger Kohlensäure, die nur brut zu haben ist. Ähnlich wie Champagner gilt Franciacorta als tief, komplex, mit feiner Perlage und fruchtigen, floralen Aromen.
Prosecco ist vielen vor allem als kostengünstiger, einfacher Perlwein aus Italien bekannt. Die Herkunftbezeichnung aus dem Friaul und Venetien schließt aber auch Still- und Schaumweine mit ein, manche davon sind überraschend hochwertig. Bis vor wenigen Jahren wurde mit Prosecco die Rebsorte bezeichnet, aus der diese Weine gekeltert werden. Als dann 2010 die geschützte Herkunftsbezeichnung DOCG Prosecco geschaffen wurde, versah man die Rebsorte mit dem Namen Glera. Diese ergibt neutrale, etwas nussige, manchmal herbe Weine. Der Prosecco befand und befindet sich teilweise immer noch in einer Qualitätskrise. Das fing im Anbau an, wo man auf Masse statt Klasse setzte und endete oft damit, dass gewaltige Mengen von Tanklastwagen voller Prosecco über die Alpen tuckerten um das Zeug in Deutschland in Flaschen oder gar Dosen abzufüllen. Durch die Neuregelung der DOCG müssen nun alle Trauben aus den dafür zugelassenen Gemeinden stammen und die Weine auch dort abgefüllt werden. Auch die Füllung in Dosen wurde untersagt. Der Schaumwein Prosecco Spumante wird in den allermeisten Fällen mittels Tankgärung hergestellt, also nicht mit dem aufwändigen Flaschengärungsverfahren. Der Perlwein Prosecco Frizzante ist zumeist ein mit Kohlensäure versehener Stillwein. Prosecco ist meist einfach, unkompliziert und "easy-to-drink". Hochwertigere Produkte zeichnen sich durch eine frische Säure, florale und fruchtige (Zitrus) Aromen und ein leicht phenolisches, nussig-herbes Finish aus. Während Cava und Champagner zumeist brut oder brut nature gehandelt werden, gibt es Prosecco auch in halbtrockenen (demi-sec) oder trockenen Varianten.
Kommen wir, last but not least, zum deutschen (oder österreichischen) Sekt. So darf sich von Amts wegen in Deutschland Schaumwein nennen, der mittels einer zweiten Gärung hergestellt wurde. Dies kann entweder, im besseren Falle, in der Flasche geschehen, oder aber in einem großen Tank. Der Großteil des hierzulande verkauften Sektes stammt von bekannten Marken, die aus ganz Europa einfaches Traubenmaterial aufkaufen, um ein ebenso einfaches Produkt zu keltern. Das ist nicht selten der Grund, dass viele der Meinung sind, Sekt schmecke ihnen nicht. Sie kennen oft schlicht keinen guten Sekt! Leider ist es oft der Fall, dass der herkömmliche, billige Markensekt trotz Verbots maschinell mit Kohlensäure versehen wurde. Um das Produkt trinkbar zu machen, wird oft etwas mehr Zucker zugegeben, weshalb es meistens als halbtrocken oder trocken gehandelt werden. Für viele Konsumenten sind diese Marken seit Jahrzehnten fester Bestandteil der Silvesternacht und sie kämen gar nicht auf die Idee, einen hochwertigeren, im Flaschengärungsverfahren hergestellten Sekt vom Winzer oder einer Genossenschaft zu kaufen. Dabei sind diese oft gar nicht teuer: Einen anständigen deutschen Winzersekt gibt es ab 6-8 Euro zu kaufen! Das Besondere am deutschen und österreichischen Sekt im Vergleich zu Cava, Champagner und Franciacorta ist die Vielfalt: Während die bekannten Produkte aus Frankreich, Italien und Spanien recht klare Vorgaben, vor allem bezüglich der verwendeten Rebsorten, haben, sind die deutschen und österreichischen Winzer frei in der Auswahl ihrer Trauben. Der größten Beliebtheit erfreuen sich auch hierzulande die Burgunderrebsorten Chardonnay, Grauburgunder, Spätburgunder, Schwarzriesling und Weißburgunder. Auch am Sekt dürfte der Auxerrois-Trend nicht spurlos vorbei gehen. Burgunder eignen sich einfach hervorragend für die gefragte runde, weiche und cremige Stilistik. Ein Alleinstellungsmerkmal hingegen ist der Rieslingsekt, der mit einer betonteren Säure, fruchtigen Aromen und im schönsten Fall dem typischen gereiften Riesling-Bouquet aufwartet. Bouquetrebsorten wie Gewürztraminer, Muskateller, Sauvignon Blanc oder Scheurebe eignen sich ebenso für die Herstellung von Schaumweinen. Diese mögen dem ein- oder anderen möglicherweise etwas weniger elegant erscheinen. Mit ihrer enorm fruchtigen und blumigen Stilistik und ihrem hohen Wiedererkennungswert können sie aber auch "Sektanfänger" und Liebhaber von angenehm zu trinkenden, nicht zu komplizierten Schaumweinen überzeugen.
Pétillant Naturel oder Pet Nat ist eine Art Urform des Schaumweins. Er durchläuft keine zweite Gärung, sondern wird während der ersten Gärung mitsamt Hefe in Flaschen abgefüllt. Der Wein gärt in der Flasche zu Ende und verbleibt bis zur Öffnung mitsamt der Kohlensäure in der Flasche. Es handelt sich meist um Natur- und Orangeweine. Naturwein bedeutet, der Wein wird ohne Filterung (Pet Nat ist trüb), Schönung und vor allem ohne oder mit nur sehr wenig Schwefel produziert. Das ist kein Selbstzweck: Schwefel würde die Gärung in der Flasche beeinträchtigen. Von Orangewein spricht man, wenn weiße Trauben wie beim Rotwein auf der Maische, das heißt den Schalen und Kernen, gären. Die Weine erhalten ein volleres, kräftigeres und etwas phenolisches Aroma und eine dunklere, gelbe bis orange Farbe. Tannine lösen sich und verleihen dem Wein eine leichte Adstringenz, aber auch eine gewisse Haltbarkeit, die es wiederum ermöglicht, weniger Schwefel einzusetzen. Die Aromatik solcher Weine und somit auch des Petillant Naturel ist für viele sehr gewöhnungsbedürftig. Es handelt sich um "neue" Aromen, die eigentlich seit Ewigkeiten bekannt sein dürften: Vor langer Zeit waren Orangewein und Pet Nat oenologischer Standard. Die Weine schmecken oft oxidativ, oftmals etwas herb, zuweilen nicht ganz sauber, manchmal fast buttrig und sind sicherlich nichts für jedermanns Gaumen. Gleichzeitig sind sie oft enorm vielschichtig und komplex. Manch ein Weintrinker hat sich an den Geschmack gewöhnt und möchte nichts anderes mehr trinken...
Das Gebiet der Schaum- und Perlweine ist enorm vielschichtig und es gibt eine unglaubliche Auswahl verschiedener Stilistiken, Rebsorten und Ausbauweisen. Wer bisher nur die bekannten Marken aus dem Supermarkt probiert hat, sollte sich dem Thema Sekt oder Schaumwein vielleicht noch einmal annehmen und die viel spannenderen Produkte vom Winzer verkosten. Schaumweine eignen sich übrigens nicht nur für festliche Anlässe: Kein anderer Wein ist vielfältiger als Essensbegleitung einsetzbar. Gerade sehr salzige Speisen freuen sich über eine prickelnde Begleitung.